Dienstag, 21. Juni 2016

Was braucht das Schwein, um sich sauwohl zu fühlen?

Woran denken wir, wenn wir uns ein Schwein vorstellen? An ein rosiges Tier mit Borsten, mit Ohren, die über den listigen Äuglein zusammenfallen, ein Tier, das grunzend und schmatzend seine Bestimmung im Koben erfüllt? An die Muttersau mit vielen nuckelnden und drängenden rosigen Ferkeln an der Seite? Oder an ein dreckverschmiertes Untier, das sich, wie auch die wilde Sau, in Schlamm und Morast herumwälzt? An Kotelett, Schnitzel und Rippchen wohl eher nicht. Das gleiche könnte man sich fragen, wenn man an Kühe oder Hühner denkt. Die Kühe stehen auf der Wiese, gucken dumm und käuen ewig und drei Tage das Gras wider. Sie wedeln mit dem Kuhschwanz, um die lästigen Fliegen zu vertreiben. Pferde haben wenigstens noch eine saumäßige Lebenslust, wenn sie auf der Koppel herumgaloppieren. Und die Hühner sind glücklich, wenn sie genügend Auslauf haben, miteinander picken, solange auch die anderen picken, und zum Dank dafür, dass sie kein Habicht oder Fuchs geholt hat, brav ihre Eier legen.

In der Versuchanstalt Eningen, einer Außenstelle der Universität Hohenheim, haben jetzt Forscher die Bedingungen untersucht, unter denen sich Schweine richtig wohlfühlen. Die Ferkel haben in der linken Box eine Kette zum Spielen, in der rechten ein Feld mit dunkler Erde zum Wühlen. Brauchen sie mehr Platz, besseres Futter, Freunde, Auslauf, Licht, gar Musik? Es wurden viele Dinge getestet, auch Bedingungen, die Stress auslösen, man ist erst ganz am Anfang. Aber Verbraucher wollen Fleisch, Eier und Milch am liebsten von glücklichen Tieren. So, wie es die Pensionswirtin in Sipplingen am Bodensee einmal beim Frühstück sagte, als sie die Eier hereinbrachte: Die sind von glücklichen Hühnern. Dabei sah sie selbst richtig glücklich aus. Und ich erinnere mich daran, dass ich als Kind mit meiner Oma in Malente morgens immer in den großen,, umsäumten Verschlag ging, um die noch warmen Eier einzusammeln und den Hühnern nachher ihr Futter hinzustreuen. Versteht sich, dass die Oma auch den besten Knackerkirschbaum alles Zeiten besaß! Doch zurück zu den Tieren und ihren Bedingungen. Bis jetzt hat sich herausgestellt, dass die Schweine nicht mehr Platz brauchen, wie wir uns das vielleicht gedacht haben. Erste Erkenntnisse zeigen, dass "Beschäftigung, Aufgaben lösen, Türen öffnen oder in der Erde wühlen" den Schweinen wichtiger sind als ein paar Quadratmeter mehr Raum. Gleichwohl wird es mit den anderen Tieren sein: Das Huhn will picken und scharren, die Pferde wollen rennen, die Kühe laufen am liebsten auf weichen Matten (sprich: Gras), Hunde wollen spielen und sich austoben und Katzen suchen gern ein erhöhtes, warmes, trockenes Plätzchen, wenn sie nicht auf Beute lauern, spielen oder schnurrend um Beine streichen.

Wie sieht es nun mit den Menschen aus? Was brauchen die, um sich sauwohl zu fühlen? Schopenhauer sagte ja mal in etwa, die Natur habe ihnen das Dasein gegeben, für das Wohlsein müssten sie selber sorgen. Dabei kann ich zunächst einmal nur von mir selbst ausgehen. Beschäftigung, Aufgaben lösen, Türen öffnen und in der Erde wühlen ist schon einmal was. Wobei es nicht um meine Gartenerde geht, sondern sozusagen um den Acker, der zu bestellen ist. Ich als Mensch würde mich mit der tierischen Bedürfnisbefriedigung natürlich nicht zufriedengeben. Aber die Grundlage ist dieselbe. Es würde mir nichts nützen, in einem Palast zu wohnen, indem ich den ganzen Tag herumsitze und mich fragen muss, wozu ich eigentlich da bin. Meinen Acker zu bearbeiten heißt, mein Leben so zu gestalten, wie es meinem Wesen entpricht. Ich fühle mich sauwohl, wenn ich ein gutes Buch lese, wenn ich über Berg und Tal laufen kann, in glasklarem Wasser schwimme, wenn die Sonne scheint, ein gutes Essen lockt, wenn nette Menschen um mich sind und wenn ich schreiben kann und eine Reaktion darauf sehe. So entdeckte ich gestern eine 5-Sterne-Rezension einer Frau, die mein letzes Verlagsbuch gelesen hatte. Sie schreibt, es sei eine Geschichte über die kleinen Leute im Dreißigjährigen Krieg, historisch verbürgt, spannend geschrieben und voller Liebe zum Leben. Es ist selten, dass jemand meine Intentionen so deutlich erkennt und benennt. Und es hat mich so beflügelt, dass ich endlich eine Entscheidung treffen konnte: Ich habe meinen Schwarzwaldkrimi in ein Probelektorat gegeben und werde ihn dann entweder endgültig zur Seite legen oder veröffentlichen. Den neuen Roman werde ich weiterentwickeln. Und mich sauwohl damit fühlen.

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